26.10.2025
„Steh auf, nimm dein Bett und geh“

Vorstellungsgottesdienst von Dr. Christoph Gramzow in Torgau

Am 26. Oktober feierte die Gemeinde in der Schlosskapelle Torgau auf Schloss Hartenfels den Vorstellungsgottesdienst von Dr. Christoph Gramzow. Viele Menschen aus beiden Kirchenkreisen waren gekommen – Gemeindeglieder, Ehrenamtliche und Hauptamtliche –, um den Kandidaten für das Superintendentenamt zu erleben. Gemeinsam mit den Gemeindekirchenräten Annegret Scherzer und Renate Küchenhoff gestaltete Dr. Gramzow einen Gottesdienst, der von spürbarer Offenheit, Vertrauen und dem Blick auf eine gemeinsame Zukunft geprägt war.

Mit einer inhaltlich dichten und zugleich persönlichen Predigt hat sich Dr. Christoph Gramzow im Vorstellungsgottesdienst als Kandidat für das Superintendentenamt im künftigen Kirchenkreis Torgau-Delitzsch–Bad Liebenwerda vorgestellt.
Die Fusion der beiden Kirchenkreise ist für 2027 geplant. Gramzows Predigt verband biblische Tiefe, persönliche Offenheit und den Blick auf die gemeinsame Zukunft der Kirche.

Eine Predigt vom alltäglichen Zuspruch zur biblischen Bewegung

Zu Beginn erinnerte Gramzow an eine Alltagsszene: Eine Frau, die an ihrer Masterarbeit fast verzweifelt, bekommt von ihrem Mann den Zuspruch: „Du schaffst das.“ Gemeinsam halten sie durch. Als später ihre Schwester anruft, fällt der Vergleich – „2,7? Naja, bei mir war’s eine 1,7“ – und es zeigt sich, wie schwer es manchmal fällt, sich einfach mit einem anderen zu freuen.

Aus dieser Beobachtung leitete Gramzow sein Thema ab: Ermutigung – eine Haltung, die sich durch den gesamten Predigttext zieht, die Geschichte von der Heilung des Kranken am Teich Bethesda aus dem Johannesevangelium, Kapitel 5. Der Predigttext erzählt von einem Mann, der seit 38 Jahren krank ist und darauf wartet, als Erster in das bewegte Wasser des Teiches steigen zu können, um geheilt zu werden. Jesus begegnet ihm und fragt: „Willst du gesund werden?“ Der Kranke antwortet: „Ich habe keinen Menschen, der mich in den Teich bringt.“ Gramzow legte diesen Satz als Ausdruck tiefer Einsamkeit und Selbstaufgabe aus. „Er ist unentschlossen, antwortet ausweichend auf die klare Frage, ob er gesund werden möchte“, sagte Gramzow. „Er hat sich selbst aufgegeben. Sein Leben ist im Schwinden.“ Doch dann ändert sich alles: „Steh auf, nimm dein Bett und geh hin.“ Diese dreifache Aufforderung, so Gramzow, kehrt die trostlosen Zustände des Erduldens um. „Der Kranke konnte sich das selbst nicht mehr sagen. Jesus hat nach ihm gesehen, hat ihn nicht übersehen wie alle anderen. In dem Moment, wo Jesus ihn ansieht, anspricht und wieder auf ein menschenwürdiges Niveau hebt, kehrt die Lebenskraft in ihn zurück.“ Gramzow bezeichnete dies als „eine Rückerfahrung, zu der jemand in der Lage war, weil ein anderer sie ihm zugetraut hat“. Der Kranke habe gespürt, dass Jesus an ihn glaubt.

„Zu viele sind unbeweglich geworden“

Von dieser Heilungsgeschichte aus spannte Gramzow den Bogen in die Gegenwart. Er griff eine Rede von Christine Jahn, Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages, zum 35. Jahrestag der Deutschen Einheit auf. Jahn habe darin betont, dass sich viele Menschen in ihrem Status quo eingerichtet hätten und zu wenige bereit seien, sich den Herausforderungen der Zeit zu stellen. Gramzow ergänzte: „Zu viele sind unbeweglich geworden. Dabei dürfen wir uns nicht verlassen – weder aus Sicht der Politik noch aus Sicht der Kirche.“ Die Aufforderung Jesu, aufzustehen und zu gehen, verstand Gramzow deshalb als Auftrag an uns alle, die eigene Bequemlichkeit zu überwinden und Glauben als Bewegung zu leben. Persönlich wurde Gramzow, als er erzählte, dass auch er selbst Menschen erlebt habe, die ihn ermutigt hätten. „Ich persönlich danke den Menschen, die mir vor wenigen Wochen, als ich den Blick auf eine Bewerbung durchaus mit mir bewungen habe, gesagt haben: Steh auf, mach das jetzt, du wolltest das doch immer.“ Er machte deutlich, dass niemand allein aufbricht: „Wir tragen sie füreinander, ob innerhalb oder außerhalb der verfassten Kirche. Wir sind aneinandergewiesen und sollten uns im Beispiel Jesu gegenseitig den nötigen Zuspruch geben.“

„Den Weg können wir nur gemeinsam gehen“

Mit Blick auf die bevorstehende Fusion der Kirchenkreise Torgau-Delitzsch und Bad Liebenwerda formulierte Gramzow einen klaren geistlichen Impuls: „Wir sollten den weiteren Weg als einen Weg sehen und gehen, den wir nur gemeinsam gehen können.“
Er sprach davon, dass es Phasen geben werde, in denen der eine den anderen aufrichtet, wo Müdigkeit einsetzt, oder jemand mehr Bewegung einfordert, wenn das Verweilen zu bequem wird. „Jesus verhilft zur Bewegung“, betonte Gramzow. „Und wo wir einander im Blick behalten, da finden wir uns wieder und werden merken, wie weit wir schon gekommen sind.“ In seiner Auslegung hob Gramzow besonders hervor, dass der Geheilte Jesus später im Tempel wiederbegegnet. „Mitten im Tempel wird aus dem einsamen Menschen wieder einer, der teilnimmt am sozialen und kultischen Leben Israels.“ Dass Jesus diesen Ort aufsucht, verstand Gramzow als Zeichen bleibender Verantwortung: „Wie Jesus nach dem Geheilten gesucht hat, so behält er auch uns im Blick. Und er sucht nicht irgendwo nach uns, sondern im Hause Gottes. Denn er weist uns auf den richtigen Weg.“

Am Ende schlug Gramzow den Bogen zurück zu seiner Eingangsgeschichte. Die Frau, die erst haderte, lud schließlich ihre Schwester zum Essen ein. „Selten haben die drei so viel gelacht“, heißt es in seiner Predigt. Damit schloss sich der Kreis: Freude, Versöhnung und Gemeinschaft entstehen dort, wo Menschen sich ein Herz fassen, einander Raum geben – und den Mut, neu anzufangen.

Ein Gottesdienst, der verbindet

Nach dem Gottesdienst blieben viele Besucher:innen noch in der Schlosskapelle. Bei Gesprächen und vielen interessierten Nachfragen bestand Gelegenheit, Dr. Christoph Gramzow persönlich kennenzulernen. Regionalbischof Dr. Johann Schneider moderierte die Gesprächsrunde und schuf Raum für Begegnung, Austausch und offene Worte. Viele Anwesende nahmen aus dem Gottesdienst spürbar etwas mit – die Ermutigung, einander im Blick zu behalten, das Vertrauen, dass Veränderung gelingen kann, und die Gewissheit, dass Kirche dort lebendig bleibt, wo Menschen sich gegenseitig tragen.
Dr. Gramzow verstand es, in seiner Predigt Brücken zu schlagen: zwischen biblischer Geschichte und heutiger Lebenswirklichkeit, zwischen den beiden Kirchenkreisen, die 2027 zusammenwachsen werden, und zwischen Menschen, die gemeinsam Kirche gestalten wollen.

Am 8. November tritt auf Schloss Hartenfels die gemeinsame Synode der Kirchenkreise Torgau-Delitzsch und Bad Liebenwerda zusammen. Dort wird über die Wahl des neuen Superintendenten entschieden. Für die Wahl ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Unabhängig vom Ausgang der Wahl bleibt der Eindruck eines Gottesdienstes, der Hoffnung gestärkt und Gemeinschaft spürbar gemacht hat – und eines Kandidaten, der mit Herz, Weitblick und einem lebendigen Glauben Brücken baut.


Die Predigt ansehen

Wer den Vorstellungsgottesdienst noch einmal erleben möchte, kann sich die Predigt von Dr. Christoph Gramzow hier ansehen.

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Mehr Fotos

Vorstellungsgottesdienst mit Dr. Christoph Gramzow  S. Bugajowa Dr. Christoph Gramow und Regionalbischof Dr. Johann Schneider  S. Bugajowa