30.10.2025
Mit einer Feder die Welt verändert
Reformationstag mit Playmobil-Luther
„Mama, hat der einen Zauberstab?“ Mein Kind steht vor dem Bücherregal in meinem Büro und zeigt auf die kleine Figur zwischen Notizheften, alten Gemeindebriefen und einer Lutherbibel: Martin Luther als Playmobilfigur. Schwarzer Talar, runde Mütze, Bibel in der einen Hand, Feder in der anderen. Das Gesicht freundlich, die Augen ein wenig schelmisch.
Ich nehme den Mini-Luther vorsichtig aus dem Regal und setze ihn meinem Kind in die Hand. „Nein, das ist kein Zauberstab“, sage ich und tippe auf die Feder. „Das hier ist eine Schreibfeder.“ „Aber er sieht aus wie ein Zauberer“, staunt mein Kind. Wir lassen uns auf den Teppich sinken. Unser Kater springt vom Fensterbrett, streicht um uns herum und rollt sich schließlich schnurrend neben uns zusammen. Luther sitzt jetzt auf den Knien meines Kindes und scheint von dort neugierig zuzuhören – ein Herbstnachmittag, draußen graues Licht, drinnen Wärme. „Wenn das kein Zauberstab ist“, fragt mein Kind, „was hat er dann damit gemacht?“
„Er hat geschrieben“, antworte ich. „Gedanken, Sätze, mutige Fragen. Und damit hat er angefangen, die Welt zu verändern – ohne Magie, aber mit einer Idee, die größer war als er selbst.“ Ich erzähle, wie Martin Luther vor mehr als 500 Jahren lebte – als Mönch, als Lehrer, als einer, der nicht alles hinnahm, nur weil es immer schon so war. Wie er die Bibel las und darin entdeckte, dass Gott Menschen liebt: ohne Vorleistung, ohne Angst, ohne Kaufpreis. Diese freie Liebe ließ ihn nicht los. „Hat er das einfach erzählt?“, fragt mein Kind. „Er hat’s erzählt und aufgeschrieben“, erkläre ich. „95 Sätze hat er formuliert und an eine Kirchentür genagelt, damit alle mitdenken, mitreden, mitglauben konnten.“
Unser Kater schnurrt leise. Drinnen ist es still. „Und das war die Reformation?“, fragt mein Kind. Ich nicke. „Das war ihr Anfang. Eine Bewegung, die Kirche und die Menschen verändert hat. Sie hat uns gelehrt, Fragen zu stellen, die Bibel selbst zu lesen und zu glauben, dass jeder Mensch vor Gott zählt.“ Mein Kind betrachtet den kleinen Luther in seiner Hand. „Der ist ganz schön klein für so was Großes“, flüstert es. „Manchmal braucht es gar nicht viel“, sage ich. „Nur eine Stimme, eine Idee, ein Herz, das nicht aufgibt.“ „Der sieht aus, als ob er zuhören kann“, meint mein Kind schließlich. Ich lächle. Vielleicht ist das das Schönste, was man über einen Reformator sagen kann: dass er zuhört, neugierig bleibt und anderen Mut macht, selbst zu sprechen.
Am 31. Oktober feiern wir Reformationstag. Nicht nur, weil vor über 500 Jahren jemand laut gedacht hat, sondern weil es uns bis heute betrifft: Wir dürfen frei glauben, müssen Gottes Liebe nicht verdienen, dürfen fragen und zweifeln. Vielleicht feiern wir auch ein bisschen wegen dieser kleinen Figur in deiner Hand – weil sie erinnert: Reformation ist nie vorbei. Sie beginnt immer wieder neu – beim Vorlesen, beim Fragen, beim Zuhören. Wenn du magst: Komm dazu. Setz dich mit uns hin. Wir hören zu. Wir fragen weiter. Wir glauben gemeinsam. Denn Reformation ist kein Rückblick – sie ist ein Anfang.
Immer wieder. Auch mit dir.
Text: S. Bugajowa