05.10.2025
Was uns nährt
Gedanken zum Erntedanksonntag
Es ist Oktober geworden. Die Luft ist frischer, die Farben kräftiger. Die Felder sind leer, die Gärten abgeerntet, die Tage werden kürzer. Wer heute in eine Kirche tritt, wird empfangen von leuchtenden Farben: Äpfel, Trauben, Kürbisse, Brotlaibe, Blumen – und mittendrin manchmal ein Zettel mit einem handgeschriebenen „Danke“.
Heute ist Erntedanksonntag.
Ein Tag, der anders ist als andere.
Nicht laut, nicht glanzvoll, nicht spektakulär. Sondern ruhig, voll leiser Fülle.
Der Vers, der diesen Tag begleitet, stammt aus Psalm 145:
„Aller Augen warten auf dich, und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit.“
Es ist ein schlichter Satz. Und vielleicht liegt gerade darin seine Kraft.
Er spricht aus, was viele spüren – aber selten benennen: Dass wir im Grunde immer warten. Darauf, dass etwas gelingt. Dass sich etwas ordnet. Dass wir satt werden – nicht nur mit Brot, sondern mit Sinn, mit Nähe, mit Hoffnung.
Erntedank ist der Tag, an dem wir dieses Warten unterbrechen.
Nicht, weil plötzlich alles da ist. Sondern weil wir bewusst hinsehen:
Was war da in diesem Jahr? Was hat getragen? Was hat uns genährt – innerlich wie äußerlich?
Die Antwort darauf ist nicht immer einfach.
Denn nicht jedes Jahr ist ein gutes Jahr.
Manche Ernten sind mager. Manche Erfahrungen schwer.
Und trotzdem: Vieles ist gewachsen. Vieles wurde geteilt. Vieles hat gereicht.
Erntedank heißt nicht: Alles war gut.
Erntedank heißt: Ich habe Grund zum Danken – auch mitten im Unfertigen.
Es gibt Dinge, die wir nicht machen können: den Regen, der fällt. Die Frucht, die reift. Die Begegnung, die gelingt. Das Wort, das zur rechten Zeit kommt.
Und vielleicht liegt in diesem Eingeständnis kein Mangel, sondern Freiheit:
Dass wir empfangen dürfen. Dass nicht alles an uns hängt. Dass Gott gibt – zur rechten Zeit.
Heute ist ein Tag zum Danken.
Für das Brot. Für das Leben. Für das, was uns durchgetragen hat.
Für das, was bleibt, wenn alles andere laut wird.
Und für das, was uns nährt – von innen.
Wir feiern heute Erntedank.
Mit Gottesdiensten, mit Musik, mit Worten und mit Stille.
Mit Körben voller Gaben. Mit Herzen voller Gedanken.
Mit einem ehrlichen: Danke.
Du bist willkommen.
Mit allem, was du hast – und allem, was du brauchst.