03.04.2023
Der Osterhase heißt Dieter

Ein Beitrag von Almuth Heinze

Das Hupen rückt immer näher, wird lauter. Und schon kommt er um die Ecke. Fährt vor. Hält an. Auf dem Rücken ein riesiger Korb. - Der Osterhase. Im richtigen Leben heißt er Dieter Melzer und sitzt heute vor mir. Zugewandt, voller Geschichten, begeisternd, kommunikativ.

A. Heinze: Während andere verreisen, in die Kirche gehen oder mit ihren Familien Ostern feiern fährst Du nun schon 55 Jahre zu Ostern als Osterhase herum. Was treibt dich an?

Osterhase: Die Dankbarkeit und Begeisterung bei den Kindern und Älteren, die sich oft wie Kinder freuen und über`s ganze Gesicht strahlen. Es ist erstaunlich, welche Geschichten die Senioren beim Anblick des Osterhasen erinnern. Eine alte Dame rief zum Beispiel „Dass ich dich noch mal sehen kann!“ und rezitierte sofort ein sehr langes altes Ostergedicht. Fehlerfrei. Und das mit 86 Jahren!

A. Heinze: Wo triffst Du die Kinder und Älteren?

Osterhase: Ich fahre durch unser Dorf, halte hier und halte da. Zum Glück habe ich meinen Roller. Aber über die Jahre hat sich die Tour enorm erweitert. Da diese Hirschfelder Tradition einen Seltenheitswert hat, werde ich auch von weiter her angefragt. So fahre ich als Hirschfelder Osterhase mit meiner Häsin, es ist meine jüngere Tochter, durch das Schradenland und über die Landesgrenze hinaus nach Sachsen. Ein besonderes Anliegen meinerseits ist der Besuch in den Unikliniken Cottbus und Dresden sowie anderen Krankenhäusern mit ihren Kinderstationen. Außerdem besuche ich Kinder in Kindergärten sowie Rentner in Pflegeeinrichtungen.

A. Heinze: Ein Grenzgänger also.

Osterhase: Wenn ich anderen damit eine Freude machen kann, dann kann ich im Fall von Anfragen schwer „nein“ sagen.

A. Heinze: Ich verbinde als Christin mit Ostern eher das Phänomen der  Auferstehung Jesu als das Kommen des Osterhasen. Wie kam es überhaupt zu dieser Idee?

Osterhase: Seit 1951 gibt es die Tradition des Hirschfelder Osterhasen. Damals radelte er von Haustür zu Haustür. Verschiedene Hirschfelder lösten sich in diesem Job ab, bis ich dann 1968 als Osterhase begann.

A. Heinze: Was verteilst Du? Handbemalte Ostereier, die du mit deiner Hasenfamilie angemalt hast? (lacht)

Osterhase: Handbemalt - das wäre nicht zu schaffen. Im Gepäck habe ich sowohl gekochte Ostereier als auch Süßigkeiten. Da bin ich froh, dass ich jährlich Unterstützung bekomme von der Amtsgemeinde Schradenland, der Ortsgemeinde Hirschfeld sowie einiger unserer Hirschfelder Vereine. Auch unterstützen mich immer wieder Geschäfte in der Region, die ich jeweils vorher abklappere und anfrage.

A. Heinze: Da ahne ich, dass dafür viel Zeit und einige Kilometer drauf gehen, bis du deine Menge an Ostereiern zusammen hast.

Osterhase: Stimmt. Und wenn ich ehrlich bin, habe ich auch schon manchmal überlegt, aufgrund negativer Erfahrungen und mangelhafter Unterstützung alles in die Ecke zu werfen und aufzugeben, weil ich zuweilen den Eindruck habe, dass es für manche Menschen selbstverständlich geworden ist, dass der Osterhase zu Ostern kommt.

A. Heinze: Das glaube ich dir. Umso größer ist sicher dann die Freude, wenn du dankbare und begeisterte Kinder und Ältere erlebst.

Was hat aus deiner Sicht der Osterhase mit Ostern zu tun?

Osterhase: Ja, damit hatte ich mich auch schon mal beschäftigt und recherchiert. An „Fruchtbarkeit“ und „Neues Leben“ erinnere ich mich noch.

A. Heinze: Lieber Dieter, Gottes Segen möge dich begleiten. Danke für das Gespräch und deine Zeit.

Beim Verabschieden führte mich Dieter Melzer noch an zahlreichen Bilderwänden vorbei und lud mich ein zu einem weiteren Treffen. Dann werden wir auf jeden Fall Fotos und andere historische Materialien sichten. Doch vorerst muss er sich auf seine „Saison“ vorbereiten, ebenso auf ein Event auf der Waldbühne Hirschfeld zum 55. Osterhasenjubiläum.

Info:

Wer „richtig“ Ostern feiern will, der geht natürlich in die Kirche, und zwar – um den vollen Sinn des Festes mitzuerleben – ganze drei Mal: Am Gründonnerstag, am Karfreitag und in der Nacht zum Ostersonntag. (…) Alle drei Kirchgänge gehören zusammen und bilden einen einzigen Gottesdienst. Dahinter steht die Überzeugung, dass Abschiednehmen (Gründonnerstag) Tod (Karfreitag) und Auferstehung Christi (Ostersonntag) in ihrer Bedeutung nicht voneinander zu trennen sind. Die Frage, welcher Feiertag der höchste ist – Karfreitag oder Ostersonntag – ist gegenstandslos, denn die Kreuzigung ergibt ohne Auferstehung keinen Sinn und die Auferstehung ist nicht ohne Kreuzigung denkbar.

https://www.ekd.de/ostern-brauche-tradition-christlich-13267.htm

Bis heute ist nicht genau geklärt, woher der Brauch des Osterhasen eigentlich kommt. Die Tradition des Osterhasen lässt sich auf zwei ganz unterschiedliche Ursprünge zurückverfolgen:

In der byzantinischen Tiersymbolik bezeichnet der Hase ein Symbol für Jesus Christus, welcher im Tod das Leben gebracht hat: Weil der Hase keine Augenlider hat, schläft er demnach mit offenen Augen. So wacht er wie Christus über die Seinen.

Außerdem gilt der Hase seit jeher als Symbol für die Fruchtbarkeit und Zeugungskraft aufgrund seiner starken Vermehrung (bis zu 20 Jungen jährlich). Damit steht er symbolisch auch für das Leben, was ebenfalls auf die Auferstehung verweist. Schon der hl. Ambrosius von Mailand (339–397) deutete den Schneehasen als Symbol für Verwandlung und Auferstehung, weil dieser die Farbe seines Fells wechseln konnte.

Die erste schriftliche Erwähnung findet der Osterhase jedenfalls um das Jahr 1682 von einem gewissen Georg Franck von Franckenau, einem Medizinprofessor aus Heidelberg. (…) Schließlich setzte sich im 19. Jahrhundert der Hase als ein Symbol für Ostern überall durch.

https://www.vivat.de/magazin/jahreskreis/ostern/osterhase-bedeutung-herkunft/


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