27.12.2021
Zwischen den Jahren

Nur noch ein paar Plätzchenkrümel lassen sich in der Dose finden. Schwibbogen und Pyramide befinden sich bereits wieder sicher verstaut auf dem Dachboden. Der Weihnachtsbaum steht kahl im Flur und wartet auf den Abtransport durch die Müllabfuhr. Weihnachten ist vorbei. Ist Weihnachten vorbei? Die Tage „zwischen den Jahren“ werden als Rauhnächte bezeichnet. In früheren Zeiten, als es noch kein elektrischen Licht gab, da war die Dunkelheit und Stille viel bedrohlicher und gefährlicher, als wir es uns in unseren gut ausgeleuchteten Straßen vorstellen können. Die alten Germanen glaubten, dass in diesen Tagen die Gesetze der Natur außer Kraft gesetzt sind und die Geister der Verstorbenen durchs Land ziehen. In der Zeit zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag am 6. Januar wollte man sich daher am liebsten einigeln, verkriechen hinter der Wärme des Kachelofens und im Schutz der Lichter der Weihnacht. Denn Weihnachten ist noch nicht vorbei: die Lichter des Christbaums beleuchten unseren Weg zwischen den Jahren, die Schwibbögen können den Spazierenden draußen Orientierung und Hoffnung geben. Die Botschaft, dass Gott in unsere Welt kommt, die gilt auch, wenn alle Christbaumkugeln abgenommen wurden. Und in den Rauhnächten nach dem aufregenden Fest dürfen wir nun zur Ruhe zu kommen. Bilanz ziehen, Kraft tanken, Briefe schreiben, einen Spaziergang machen – die Tage zwischen den Jahren dürfen und sollen zur Entschleunigung genutzt werden. Denn Weihnachten ist nicht vorbei.

Marie-Luise Zott ist Pfarrerin im Kirchenkreis Bad Liebenwerda


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Marie Luise Zott  Kirchenkreis Bad Liebenwerda