05.11.2025
Vertraut den neuen Wegen
Abschied, Dank und Aufbruch: Pfarrer Michael Seifert verabschiedet sich in den Ruhestand
Mit einem warmen Empfang begann der besondere Gottesdienst am 18. Oktober in der Kirche Wahrenbrück: Das Vokalensemble Octavians begrüßte die Gemeinde musikalisch – sanft, klar und zugleich getragen, so dass schon zu Beginn ein Gefühl von Dankbarkeit im Raum lag. Unter ihnen klang ein Lied, das viele aus dem Film „O Brother, Where Art Thou?“ kennen. Es war ein Moment, der die Herzen öffnete.
Pfarrer Michael Seifert hätte bereits am 1. August in den Ruhestand gehen können. Doch er entschied sich anders. Sein Ruhestand beginnt nun offiziell am 1. Februar 2026. „Abschied und Anfang gehören zusammen“, sagte er. „Ruhestand bedeutet, manches sein zu lassen und gleichzeitig neue Möglichkeiten zu entdecken.“ Es gehe nicht darum, „nur aus dem Fenster zu schauen“, sondern mit innerer Ruhe und Gottvertrauen in die kommende Zeit zu gehen. Dass Michael Seifert nicht nur Pfarrer, sondern auch Mannschaftsspieler ist, zeigte sich in einem Detail am Rande: Sein Tischtennisverein war mit dabei – und die 1. Mannschaft hatte an diesem Tag sogar gewonnen. Ein leises Aufatmen, ein Schmunzeln in der Gemeinde. Das passt zu ihm: mittendrin, engagiert, verbunden.
Ein zentrales Element des Gottesdienstes war der 23. Psalm. Seifert erzählte davon, wie er im Pfarrhaus aufgewachsen ist – mit Bruder und Schwester. Viel Freiraum, aber auch Verantwortung. „Im Gottesdienst habe ich den Psalm als Kind immer aufgesagt“, erinnerte er sich. „Diese Worte zeigen nicht nur das Gute. Sie zeigen auch das finstere Tal. Das ist das Leben.“ Michael Seifert blickte zurück – ehrlich und ungeschönt. Da waren Kindheitserinnerungen an den Pfarrhof, an Fußballspiele und an die Beobachtung von Trauerfeiern. „Wie ist das, wenn ich sterbe?“, habe er sich damals gefragt. Sein Konfirmationsspruch – „Ich bekenne mich zur guten Nachricht“ – wurde später zu einer festen Größe in seinem Leben. „Das Evangelium ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben.“ Erst im Laufe der Jahre sei ihm die Tiefe dieses Satzes wirklich bewusst geworden. Auch von seiner Ausbildung erzählte Seifert – und davon, dass nicht immer alles glatt lief. Seine Lehrer waren nicht begeistert, wenn es um Griechisch und Hebräisch ging, und in den 80er Jahren wurde er sogar vom Schulhof verwiesen, weil er Kinder für ein Krippenspiel ansprechen wollte. „Ich habe trotzdem nie aufgegeben“, sagte er mit einem leisen Lächeln. Seit 1999 ist Michael Seifert Pfarrer in Wahrenbrück. Er wurde heimisch – so heimisch, dass er und seine Familie hier bleiben. Hier leben seine Kinder Friedhelm und Karl, seine Töchter Frederike und Louise. Hier ist der Mittelpunkt seines Lebens. Und so sagte er ganz bewusst: „Ich werde auch im Ruhestand oft da sein. In den Kirchen. Mit Rat und Tat.“
Auch inhaltlich gab Seifert einen Ausblick. Die Brüder Graun bleiben ein Thema. Weihnachten liegt noch vor ihm. Und im kommenden Jahr wird Weihnachten bei der Tochter gefeiert. „Es wird anders werden. Für mich – und auch für die Gemeinden.“ Doch er machte Mut: „Veränderung ist kein finsteres Tal. Wir dürfen mit der Kraft Gottes rechnen. Das gibt Mut und Zuversicht.“ Nach der Predigt sangen die Octavians weiter Stücke, die den Raum füllten – darunter ein Werk, bei dem das gesungene Amen wie ein Lufthauch eines Engelflügelschlags wirkte. Ein Moment, in dem viele sichtbar gerührt waren. Die offizielle Verabschiedung erfolgte durch Pfarrer Ingolf Walther im Namen des Kirchenkreises. Er blickte zurück auf die gemeinsamen Ausbildungsjahre, auf Wegstrecken, die man geteilt hat. Er dankte Seifert – für die Früchte seines Wirkens. Für die Gemeinden. Für die Familie. Für das, was bleibt. Seine Frau Christine Seifert und weitere Assistenten sprachen Gebet und Segen. Dann dankten die Vorsitzenden der Gemeindekirchenräte und erteilten ebenfalls den Segen.
Zum Abschluss sang die Gemeinde gemeinsam:„Vertraut den neuen Wegen“ — ein Lied, das wie eine Antwort auf alles zuvor gesagte klang. Und dann, als leiser Ausklang, die Octavians mit „Imagine“.
Ein Abschied – und doch der Beginn eines neuen Weges.